In China hat es spätestens seit Anbruch dieses Jahrzehnts einen machtpolitischen Paradigmenwechsel gegeben. Der wurde beschleunigt, seit Xi Jinping 2012 Generalsekretär der Kommunistischen Partei wurde und 2013 Staatspräsident der Volksrepublik. Seitdem geht es Chinas Führung, die lange Zeit vorrangig auf Stärke im Innern setzte, zunehmend um den machtvollen Auftritt nach außen.
Beispiel: Xi Jinpings neue Seidenstraßeninitiative. Demnach ist er bestrebt, den Beziehungen seines Landes zu den direkten Nachbarstaaten deutlich mehr Gewicht zu verleihen. Eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik hält fest, nach Ankündigungen Xi Jinpings im Jahre 2013 sei China dabei, in Eurasien einen Wirtschaftsgürtel, einen „Silk Road Economic Belt“, aufzubauen. Diese neue Seidenstraßeninitiative der chinesischen Regierung sei ein Hinweis darauf, dass die Volksrepublik ihre Politik gegenüber Zentralasien, Westasien, dem Kaukasus und der Schwarzmeerregion bis hin nach Osteuropa konzeptionell nicht mehr getrennt voneinander, sondern als Ganzes betrachtet.
Insgesamt ist China dabei, nach außen hin sein Profil als aufstrebende Gestaltungsmacht zu schärfen. Laut dem China-Experten Frank Hartmann aus dem Bundeskanzleramt geht es darum, Chinas wirtschaftliche Wachstumskraft im Innern, derzeit befeuert durch die Boom-Branchen Eisenbahn, Luftverkehr und Wohnungsbau, nach außen zur Geltung zu bringen.
Chinas Wirtschaftswachstum ist eng verbunden mit Chinas militärischer Expansion. In ihrer sicherheitspolitischen und strategischen Ausrichtung geht es aus Sicht der chinesischen Führung darum, nach innen wie außen Tendenzen der „Verwestlichung“ einzudämmen. Also die Übernahme freierer Lebensformen und Verhaltensweisen. Hier sieht sich die chinesische Führung teils massiven pluralistischen Strömungen im eigenen Lande gegenüber.
Sarah Kirchberger, Leiterin der Abteilung Strategische Entwicklung in Asien-Pazifik am Institut für Sicherheitspolitik an der Kieler Christian-Albrechts-Universität, weist darauf hin: China gehe es neben seinen regionalen Interessen im asiatischen Raum vorrangig darum, den Einfluss der Weltmacht Amerika zurückzudrängen.
Symbole für diese strategische Ausrichtung sei beispielsweise Chinas Einrichtung seiner ersten Militärbasis im Ausland, des Stützpunktes in Dschibuti. Darüber hinaus nicht zu vergessen, Chinas wirtschaftliche Expansion in Afrika. Weiter drängt China mehr und mehr auf die Weltmeere, um strategisch in der Lage zu sein, ein maritimes atomares Drohpotenzial gegen Washington aufzubauen. Beispiel dafür sei die Einrichtung einer U-Boot-Basis auf der Insel Hainan im südchinesischen Meer.
Beim Ausbau seiner militärischen Fähigkeiten kooperiere China eng mit Russland, sagt Kirchberger. So existiere eine starke wehrtechnische Kooperation im Bereich der Militärluftfahrt und bei Marineschiffen und U-Booten. Die militärische Achse China-Russland sei stark. Die chinesische Führung setzte alle Hebel in Bewegung, um den Ruf des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin nicht zu beschädigen. Kritik an Putin im Internet werde umgehend entfernt.
„Ein kritischer Kommentar wird binnen acht Minuten aus dem Netz gelöscht“, so Kirchberger. Chinas Sicherheitsbedürfnis im Cyber- und Informationsraum sei sehr groß. Mit westlicher Technik rüste die Weltmacht auf, um ihren digitalen Raum vor Infiltration abzuschirmen – und so auch Meinungsbildung im Innern zu beeinflussen.
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