Ein Team des Einsatzführungskommandos bildet seit 2018 im Rahmen von In-Mission-Trainings UNUnited Nations-Stabspersonal aus. Deutschland unterstützt mit der Ausbildungsinitiative die Reformbemühungen der UNUnited Nations im Peacekeeping. Trotz Corona konnte der Lehrgang auch im Jahr 2020 stattfinden – denn das Schulungsteam hatte einen innovativen Online-Kurs entwickelt.
Aufgrund der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie konnten viele Lehrgänge und Übungen der Bundeswehr – in Deutschland und im Ausland – im vergangenen Jahr nicht wie gewohnt stattfinden. So auch das In-Mission-Training (IMTIn-Mission-Training) – eine Schulung für internationales Stabspersonal in den Hauptquartieren von UNUnited Nations-Friedensmissionen. Vom 23. November bis 18. Dezember 2020 führte das In-Mission-Training-Team des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Ausbildung deshalb erstmals digital durch.
Gemeinsam mit der Führungsakademie der Bundeswehr, die für die Ausbildungsinhalte verantwortlich war, hatte das IMTIn-Mission-Training-Team eigens einen neuartigen vierwöchigen Online-Kurs für die internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgearbeitet. An dem virtuellen Lehrgang nahmen 21 Offizierinnen und Offiziere aus 13 Ländern – unter anderem den USA, China, Norwegen, Ghana und Pakistan – teil. Sie sind derzeit in den Hauptquartieren von neun UNUnited Nations-Missionen eingesetzt.
Ziel des In-Mission-Trainings ist es, Offizierinnen und Offiziere in Stäben dazu zu befähigen, eigenständig Übungen für Stabspersonal in den Missions-Hauptquartieren zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Mithilfe der Stabsübungen sollen die Planungsabläufe und Entscheidungsprozesse in den UNUnited Nations-Hauptquartieren verbessert werden. Die IMTs sind dabei in zwei Phasen unterteilt. Zunächst findet ein Training-of-Trainers (ToTTraining-of-Trainers) statt, wobei die teilnehmenden Offizierinnen und Offiziere lernen, angepasst an die spezifischen Herausforderungen der jeweiligen UNUnited Nations-Mission, Übungen zu konzipieren und dabei auch kritische Lageentwicklungen zu simulieren. In einem zweiten Schritt unterstützt das deutsche In-Mission-Training-Team die UNUnited Nations-Offiziere im Einsatzland dabei, eine konkrete Stabsübung – in der Fachsprache: Command Post Exercise (CPXCommand Post Exercise) – im Missions-Hauptquartier durchzuführen.
Die Offizierinnen und Offiziere in den Hauptquartieren unterstützen die Leiterin oder den Leiter der UNUnited Nations-Mission dabei, die strategische Ausrichtung des Einsatzes, die operative Umsetzung der Missionsziele und die Ausbildung der UNUnited Nations-Einsatzkräfte zu planen. Derzeit sind in UNUnited Nations-Peacekeeping-Missionen etwa 2.000 Offizierinnen und Offiziere in Stäben eingesetzt (Stand: November 2020). Die Bundeswehr beteiligt sich mit 24 Offizieren in Stäben an den UNUnited Nations-Missionen in Mali, im Libanon, im Jemen und im Südsudan (Stand: Dezember 2020).
Der Lehrgangsteil Training-of-Trainers wurde nun erstmals digital durchgeführt. Die Kursteilnehmer bearbeiteten zunächst über die digitale Lernplattform ILIAS bereitgestelltes Ausbildungsmaterial. Die theoretischen Inhalte wurden dann anhand von eigens für diesen Durchgang aufgezeichneten Video-Tutorials vertieft. Abschließend konzipierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in kleinen Arbeitsgruppen ein fiktives Übungsszenario. Während der gesamten Kursdauer standen die Ausbilder digital, von der Hamburger Führungsakademie aus, für Rückfragen zur Verfügung und betreuten die Teilnehmer während der Arbeitsgruppenphase via Livestream.
Oberst Cord-Dietrich von Einem, Leiter des IMTIn-Mission-Training-Teams, zieht zum Ende des Online-Durchgangs ein positives Fazit:
„Wir sind angenehm überrascht, wie gut alles funktioniert hat. Die technische Verbindung war während des gesamten Trainings rundweg stabil. Zudem waren die beteiligten Offizierinnen und Offiziere durchgehend sehr engagiert.“
Zwar sei grundsätzlich eine Präsenzveranstaltung vor Ort zu bevorzugen – etwa um kommunikative Missverständnisse zu vermeiden und persönliche Bindungen zu den Teilnehmenden aufzubauen –, erklärt von Einem. Doch habe die digitale Variante des Trainings auch Vorteile gehabt. „Dadurch, dass der Kurs von einer auf vier Wochen ausgeweitet wurde, hatten die Teilnehmenden mehr Zeit, sich in die Materie einzuarbeiten. Zudem konnten wir die Teilnehmer gerade in der Arbeitsgruppenphase intensiver betreuen und auf die jeweils missionsspezifischen Bedürfnisse eingehen“, berichtet von Einem.
Das bestätigt Frau Major Linda Agyenim-Boateng, die vom Hauptquartier der UNUnited Nations-Mission im Kongo (MONUSCOMission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo) aus an der Schulung teilnahm: „Unsere Arbeitsgruppe war angenehm klein. Deshalb wurden wir während der Abschlussübung von den beiden Ausbildern unserer Gruppe sehr umfassend angeleitet. Zu unserer finalen Präsentation haben wir konstruktives und nützliches Feedback erhalten.“ Dadurch hätten sie und ihr Team für den aktuellen Einsatz bei MONUSCOMission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo, aber auch für künftige UNUnited Nations-Missionen viel gelernt, ergänzt die Offizierin aus Ghana.
Deutschland hatte im Rahmen des Leaders‘ Summit on Peacekeeping im September 2015 den UNUnited Nations angeboten, die Ausbildung von militärischen Kräften vor und während des Einsatzes in UNUnited Nations-Missionen zu unterstützen. Hintergrund für die verstärkten Ausbildungsbemühungen ist der Umstand, dass Peacekeeper zunehmend erhöhten Sicherheitsrisiken ausgesetzt sind. Das bestätigte auch der sogenannte Cruz-Report von 2017. Dem Bericht zufolge waren zwischen 2013 und 2017 195 UNUnited Nations-Kräfte während des Einsatzes gefallen – mehr als in anderen Fünf-Jahres-Zeiträumen zuvor. Deshalb seien Reformen bei den UNUnited Nations-Friedensmissionen – auch im Hinblick auf die Planungs- und Entscheidungsprozesse in den Hauptquartieren – notwendig, so der Bericht.
Um die Reformbemühungen der UNUnited Nations zu unterstützen, entwickelte das Verteidigungsministerium das Ausbildungskonzept des In-Mission-Trainings. „Unser Ziel ist es, die Performance von Peacekeeping-Missionen zu verbessern. Dazu gehört auch, dass Stabspersonal aus den UNUnited Nations-Hauptquartieren in der multinationalen Stabsarbeit aus- und weiterzubilden“, erläutert der Leiter des UNUnited Nations-Referats im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Oberst i. G. Thomas Lowin. „Die IMTs sind ein innovatives Instrument, das die Leistungsfähigkeit der Stäbe und damit der UNUnited Nations-Missionen insgesamt steigert. Aufgrund der hohen Qualität der Ausbildung, sind die IMTs gefragt und werden von den UNUnited Nations besonders wertgeschätzt“, so Lowin weiter.
2019 wurden mit Unterstützung des deutschen IMTIn-Mission-Training-Teams bereits vier Command Post Exercises in den Hauptquartieren der Friedensmissionen in Mali (MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali), im Südsudan (UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan), im Kongo (MONUSCOMission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo) und in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCAUnited Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in the Central African Republic) durchgeführt. Bei der Stabsübung der UNUnited Nations-Mission im Südsudan trainierten die UNUnited Nations-Kräfte beispielsweise, wie sie die strategische Einsatzplanung im Hinblick auf mögliche Sicherheitsrisiken – wie drohende Unruhen an der Grenze zwischen dem Südsudan und Uganda sowie die geplante Rückführung von hunderttausenden Binnenflüchtlingen – verbessern können. Das Training-of-Trainers fand 2018 und 2019 je einmal im Rahmen einer einwöchigen Präsenzveranstaltung am Regionalen Servicezentrum der UNUnited Nations im ugandischen Entebbe statt.
Erstmals wurde beim virtuellen Durchgang des Training-of-Trainers auch das Thema Menschenrechte in UNUnited Nations-Peacekeeping-Missionen vermittelt. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte während des Vorsitzes Deutschlands im UNUnited Nations-Sicherheitsrat im Juli 2020 angekündigt, eine Menschenrechtskomponente in alle deutschen UNUnited Nations-Ausbildungsvorhaben zu integrieren.
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