Seit 1996 lässt das Verteidigungsministerium einmal im Jahr eine repräsentative Studie zur sicherheitspolitischen Stimmung in der Bevölkerung anfertigen. Ein Überblick über die Ergebnisse der Bevölkerungsumfrage 2020.
Für die Studie sind im Sommer 2020 exakt 2.277 Menschen persönlich befragt worden. Das übernahm das Meinungsforschungsinstitut Ipsos im Auftrag des Verteidigungsministeriums.
Die Daten wurden nun vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr ausgewertet. Die Ergebnisse der Untersuchung füllen den 300-seitigen Forschungsbericht „Sicherheits- und verteidigungspolitisches Meinungsbild in der Bundesrepublik Deutschland“. Hier die wichtigsten Punkte im Überblick.
2020 wird als Jahr der Corona-Pandemie in die Geschichte eingehen. Da verwundert es nicht, dass rund 44 Prozent der Bürgerinnen und Bürger das Coronavirus als zusätzliches Risiko für ihre Sicherheit einstuften.
Corona liegt damit auf der Skala der Unsicherheitsfaktoren nahezu gleichauf mit der Inflation (48 Prozent), dem Klimawandel (46 Prozent) und der Zuwanderung nach Deutschland (45 Prozent).
Interessant ist, dass die Pandemie zum Zeitpunkt der Umfrage im Sommer 2020 noch keinen direkten Einfluss auf das persönliche Sicherheitsgefühl der Menschen hatte: Knapp drei Viertel der Befragten (72 Prozent) gaben an, sich sehr sicher oder eher sicher zu fühlen. 2019 waren es noch 71 Prozent.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen hält viel von der Bundeswehr. Vier von fünf Befragten (82 Prozent) haben eine positive Einstellung zu den Streitkräften, was einem Zuwachs von sechs Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. 85 Prozent vertrauen der Bundeswehr – ein neuer Höchstwert. 72 Prozent sind der Meinung, dass die Bundeswehr für Deutschland wichtig ist und 63 Prozent sehen sie als attraktiven Arbeitgeber für junge Menschen.
Allerdings ist eine knappe Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger (52 Prozent) der Auffassung, dass die Bundeswehr noch mehr tun könnte, um mit der Gesellschaft in Kontakt zu bleiben. Kommen die Deutschen im Alltag mit Soldatinnen und Soldaten in persönlichen Kontakt, gewinnen 78 Prozent der Befragten einen positiven Eindruck von der Bundeswehr.
Auch zur Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr wurden die Bürgerinnen und Bürger befragt. Eine relative Mehrheit von 41 Prozent stimmt der Ausrüstung mit bewaffneten Drohnen zu, 26 Prozent sind unentschieden und 26 Prozent lehnen bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr ab. Gegenüber der letzten Befragung zu diesem Thema aus dem Jahr 2014 ist die öffentliche Zustimmung zur Bewaffnung von Drohnen um 10 Prozentpunkte gestiegen.
Die Leistungen der Bundeswehr bei ihren Einsätzen im Inland werden von 77 Prozent der Befragten positiv bewertet. 62 Prozent bewerten auch die Leistungen der Bundeswehr bei ihren Einsätzen im Ausland positiv. Ausrüstung und Bewaffnung der Streitkräfte hingegen werden von nur 28 Prozent der Menschen positiv beurteilt. 38 Prozent sind der Ansicht, dass die Rüstungslage der Bundeswehr verbesserungswürdig ist.
Dazu passt auch, dass rund 42 Prozent der Deutschen befürworten, den Verteidigungsetat zu erhöhen. 40 Prozent wollen, dass die finanziellen Mittel der Bundeswehr gleich bleiben. Nur eine Minderheit von zwölf Prozent möchte der Umfrage zufolge, dass die Streitkräfte weniger Mittel erhalten.
Eine aktive Rolle Deutschlands in der internationalen Sicherheitspolitik wird von 58 Prozent der Umfrageteilnehmer unterstützt. Der Einsatz von Diplomatie als außenpolitisches Mittel genießt die größte Zustimmung in der Bevölkerung. Eine Mehrheit befürwortet aber auch den Einsatz der Bundeswehr, um außenpolitische Ziele zu verfolgen. Mögliche Kampfeinsätze der Bundeswehr werden eher kritisch gesehen.
Die Ausbildungs- und Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr werden ebenfalls mehrheitlich befürwortet: Mehr als 60 Prozent der Befragten unterstützen diese außenpolitischen Instrumente. Unter den Auslandseinsätzen der Bundeswehr findet der EUTMEuropean Union Training Mission-Einsatz in Mali die höchste Zustimmung: 51 Prozent befürworten den Einsatz in dem westafrikanischen Land. Allerdings fühlen sich 48 Prozent unzureichend über die Auslandseinsätze der Bundeswehr informiert.
Die deutliche Mehrheit der Deutschen glaubt, dass die Bundeswehr ihre aktive Rolle im Verbund mit den internationalen Partnern wahrnehmen sollte: Zwei Drittel plädieren für eine Zusammenarbeit in der Europäischen Union, knapp drei Viertel bekennen sich zum transatlantischen Verteidigungsbündnis NATONorth Atlantic Treaty Organization. Erstaunlich viel Zustimmung findet der Vorschlag, eine europäische Armee aufzubauen: 47 Prozent der Befragten wünschen sich eine gemeinsame Streitkraft der EUEuropäische Union-Staaten.
Im letzten Amtsjahr der Trump-Regierung äußerten die Deutschen noch einmal ihren Wunsch nach einer außen- und sicherheitspolitischen Emanzipation von den USA: 75 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Deutschland seine Interessen gegenüber den USA selbstbewusster vertreten sollte. Nur noch 29 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Deutschland in außenpolitischen Fragen in Übereinstimmung mit den USA handeln sollte. Ungeachtet dessen ist eine relative Mehrheit von 45 Prozent der Bürgerinnen und Bürger davon überzeugt, dass die USA in die Verteidigung Europas eingebunden bleiben sollten.
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