Müssen Bundeswehrangehörige im Auslandseinsatz die Landessprache beherrschen? Wie wird der respektvolle Umgang mit der Bevölkerung vor Ort gewährleistet? Und warum bringen Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland Sicherheitskräften in Mali das Lasterfahren bei? Fragen über Fragen – und Hauptmann Tim Schönowsky weiß auf alle eine Antwort.
Der Luftwaffenoffizier dient seit drei Jahren als Referent im Besucherdienst des Verteidigungsministeriums. Er hat viele tausend Besucherinnen und Besucher im Bendlerblock begrüßt, dem Sitz des Ministeriums in Berlin. „Wir wollen politisches Handeln aus der Perspektive von Bundeswehr und Verteidigungsministerium erklären“, sagt Schönowsky. „Wir wollen ein Ministerium zum Anfassen sein.“
Bis zum Ausbruch der Coronapandemie im Frühjahr letzten Jahres hat das auch wunderbar geklappt. Bis zu 31.000 Menschen im Jahr ließen sich von Schönowsky und seinen beiden Kameraden im Bendlerblock über die Arbeit des Ministeriums und der Bundeswehr informieren. Sie verteilten sich auf rund 1.000 Besuchergruppen. „Etwa zwei Drittel unsere Gäste kamen auf Einladung ihrer Bundestagsabgeordneten, weitere Gäste waren Schulklassen, Studenten oder Vereine“, sagt Oberstleutnant Mirko Scharnhorst, der Leiter des Besucherdienstes.
Der Ausbruch von COVID-19Coronavirus Disease 2019 und die damit verbundenen Kontakteinschränkungen stellten das bewährte Konzept auf den Kopf. „Wir stehen für alle Fragen zum Ministerium und zur Bundeswehr zur Verfügung“, sagt Scharnhorst, „doch wie sollten wir unser Informationsangebot in der Pandemie an die Bürgerinnen und Bürger bringen?“
Kreativität war gefragt, um laut Scharnhorst „unsere Pferdestärken wieder auf die Straße zu kriegen“. Als erstes wurde ein digitales Angebot für jene geschaffen, die vor allem den Bendlerblock sehen wollten. Seit letztem November kann auf der Internetseite des Ministeriums ein virtueller Rundgang abgerufen werden.
Stationen sind unter anderem die Säulenhalle, der Stauffenbergsaal und das Ehrenmal der Bundeswehr. Ein Video vermittelt weitere Eindrücke. „Da ist noch mehr geplant: Wir werden das Angebot dieses Jahr weiter ausbauen“, sagt Scharnhorst. Dann sollen zum Beispiel der Ehrenhof, der Paradeplatz und der Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr ebenfalls virtuell besichtigt werden können.
Nun fehlte noch ein Angebot für die politisch interessierten Bürgerinnen und Bürger, die mehr über die Bundeswehr erfahren und mit einer Soldatin oder einem Soldaten debattieren wollten. Für sie richtete der Besucherdienst einen kleinen Bereich im Bendlerblock ein, um Seminare und Vorträge per Videokonferenz abhalten zu können. Scharnhorst nennt es das „Tagesschau-Setup“.
Seit März wird live aus dem Bendlerblock gesendet. Gearbeitet wird im Team: Schönowsky führt als Moderator durch die virtuelle Veranstaltung. Scharnhorst moderiert derweil den Chat und unterstützt seinen Kameraden per Touchscreen mit einer Auswahl von mehr als 300 Folien mit Bildern, Karten und Hintergründen zur Bundeswehr.
Anfangs sei es schon eine Herausforderung gewesen, sozusagen in den leeren Raum hineinzureden, so Schönowsky. „Dafür wird es nie langweilig, man muss jederzeit mit allem rechnen.“ Jede Besuchergruppe habe unterschiedliche Präferenzen, in jeder säßen unterschiedliche Charaktere. „Kein Vortrag ist gleich“, so der Hauptmann.
Das Reizvolle an seinem Job sei die Vielfalt der Themen, die behandelt würden. Heute debattiert er mit einer Gruppe von Praktikanten der SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands-Fraktion im Bundestag. Themen sind die Amtshilfe der Bundeswehr während der Pandemie, die Auslandseinsätze und die Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft. Sie waren kürzlich vorgestellt worden.
Der Besucherdienst will auch nach der Coronapandemie weitersenden. „Das Angebot bleibt dauerhaft erhalten“, sagt Scharnhorst. „Künftig wollen wir zusätzlich zu den regulären Veranstaltungen bis zu drei Online-Veranstaltungen am Tag anbieten.“
Trotzdem freuen sich der Oberstleutnant und sein Team auf den Tag, an dem sie wieder echte Menschen im Bendlerblock begrüßen dürfen. „Natürlich vermisse ich die Leute“, sagt Scharnhorst. Der persönliche Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern sei für die Vermittlung sicherheitspolitischer Informationen wichtig, so der Leiter des Besucherdienstes: „Das direkte Feedback ist wichtig für unsere Arbeit. Begreifen kommt schließlich von Greifen.“
Wer Interesse an einem Onlineseminar mit Hauptmann Tim Schönowsky und Oberstleutnant Mirko Scharnhorst hat: Informationen finden sich auf der Internetseite des Besucherdienstes.
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