Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung) hat am Montag einen breit angelegten gesellschaftlichen Dialog zu politischen, ethischen und völkerrechtlichen Aspekten zum Thema bewaffneter Drohnen gestartet.
Zum Auftakt dieses Diskussionsprozesses veranstaltete das BMVgBundesministerium der Verteidigung eine crossmedial und interaktiv geführte Podiumsdiskussion via Twitter und E-Mail mit Fachleuten aus Bundeswehr, Politik, Wissenschaft, Kirchen und Vertretern weiterer gesellschaftlicher Institutionen. Das Motto lautete: „Bewaffnete Drohnen – politische, ethische und rechtliche Aspekte“.
Dieser Beitrag des BMVgBundesministerium der Verteidigung zum gesellschaftlichen Dialog vor der Entscheidung des Deutschen Bundestags über die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr findet gemäß einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag statt. Aus Anlass dieser Debatte kam es am Montag in Berlin auch zu Demonstrationen gegen den Einsatz bewaffneter Drohnen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Dr. Peter Tauber, erklärte zum Start der Veranstaltung im Stauffenbergsaal, dass es sich beim Thema bewaffnungsfähiger Drohnen um eines „der wichtigsten und kontroversesten Themen“ in Deutschland handele. Klar sei schon jetzt, dass die Entscheidung des Deutschen Bundestags über die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr überhaupt erst nach einer breit geführten gesellschaftlichen Debatte fallen könne. Dabei sei das BMVgBundesministerium der Verteidigung „ein“ Debattenteilnehmer neben diversen anderen gesellschaftlichen Akteuren, so Tauber. „Wir wollen offen für neue Gedanken sein.“ Das Thema Drohnen habe aufgrund der digitalen Revolutionierung der Militärtechnik ein ganz neues Maß an gesellschaftlicher Aufmerksamkeit und Emotionalität gewonnen.
Vor diesem Hintergrund machte Tauber eindringlich deutlich: Die Parlamentsarmee Bundeswehr sei an das Mandat des Deutschen Bundestages gebunden – auch im Falle des Einsatzes bewaffneter Drohnen. Auch bei diesem Einsatz würde die letzte Entscheidung immer beim Menschen liegen – eben bei den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Sie seien ihren ethischen Grundsätzen sowie den Prinzipien der Inneren Führung verpflichtet.
Tauber hob den besonderen Schutz für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch bewaffnungsfähige Drohnen bei Einsätzen hervor. Darum gehe es. Dabei verhehlte er nicht, dass das Thema kein leichtes sei. Ein Sicherheitsgewinn für die deutschen Soldatinnen und Soldaten in Einsätzen dürfe keinen Sicherheitsverlust für Zivilistinnen und Zivilisten bedeuten. Im Falle eines Drohneneinsatzes sei es die Aufgabe der Verantwortlichen dafür zu sorgen, Schäden an Unbeteiligten zu vermeiden. „Menschlichkeit ist nicht teilbar“, zitierte Tauber einen Satz Wolf Graf von Baudissins.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, beleuchtete des Thema bewaffnungsfähiger Drohnen aus militärischer Sicht: Sie verbesserten den Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz erheblich. Deshalb sprach sich Zorn für deren Beschaffung aus. Eine bewaffnete Drohne vom Typ Heron TP könne Ziele sehr präzise bekämpfen – und damit Kollateralschäden minimieren. Überdies werde damit die Reaktionsfähigkeit der militärischen Führer zum Schutz ihrer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz gesteigert.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr berichtete in diesem Kontext von seinen Erfahrungen, insbesondere aus den Einsätzen in Afghanistan und Mali. Dort habe die Praxis gezeigt, dass beispielsweise die Anforderungen von Luftunterstützung zum Schutz von Feldlagern im Extremfall zu lange dauern könne. Dann wäre der Einsatz bewaffneter Drohnen, die direkt über dem Feldlager kreisen, die Lage aufklären und reagieren könnten, zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten sehr wichtig. Denn mit bewaffneten Drohnen wären die Einsatzführer eher in der Lage, situationsgerecht und im Sinne des Schutzes von Soldatinnen und Soldaten, aber auch möglicherweise zum Schutz unbeteiligter Dritter, zu reagieren.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr erteilte dem in der gesellschaftlichen Debatte geäußerten Zerrbild der „Killerdrohnen“, das als Symbol eines angeblichen Absinkens der Gewaltschwelle der Drohnen-Piloten gilt, eine klare Absage. Das sei in der Bundeswehr nicht denkbar. Die deutschen Soldatinnen und Soldaten handelten strikt nach dem Mandat des Deutschen Bundestags und nach den Einsatzregeln.
Drohnenpiloten seien aufgrund ihrer technischen Möglichkeiten gedanklich dichter am Einsatzgeschehen als Piloten in Kampfjets oder auch Artilleristen. Die Entscheidungen von Drohnenpiloten würden zudem minutiös dokumentiert und nachvollziehbar gemacht. Dies mache technisch das „offene Cockpit“ möglich. Es sei ein wichtiger Beitrag zu einer transparenten und faktenorientierten Debatte über den Einsatz bewaffneter Drohnen. Eine breite gesellschaftliche Debatte vor der Entscheidung des Deutschen Bundestages über die Bewaffnungsfähigkeit von Drohnen für die Bundeswehr sei unerlässlich, machte der Generalinspekteur der Bundeswehr deutlich.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung fand eine vielschichtige und facettenreiche Debatte unter Expertinnen und Experten auf drei Panels statt. Und zwar zu den Aspekten „Die ethische Dimension von bewaffneten Drohnen“, „Bewaffnete Drohnen in der politischen Debatte“ und „Die rechtliche Dimension von bewaffneten Drohnen“. Per Twitter und per E-Mail konnte die interessierte Öffentlichkeit den Fachleuten Fragen stellen.
Diesem Aspekt wandten sich folgende Panelisten zu: Bernhard Koch, Institut für Theologie und Frieden, Sigurd Immanuel Rink, Evangelischer Militärbischof, Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages, Oberst Matthias Ehbrecht, Panzerlehrbrigade 9, aus Sicht eines „Advisor Afghan National Army Corps“, und Heike Spieker, Deutsches Rotes Kreuz. Moderation: Jan Techau, German Marshall Fund.
Mit diesem Aspekt befassten sich folgende Panelisten: Henning Otte (MdBMitglied des Deutschen Bundestages), Verteidigungspolitischer Sprecher der CDUChristlich Demokratische Union/CSUChristlich-Soziale Union-Fraktion im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, Christian Schmidt (MdBMitglied des Deutschen Bundestages) Mitglied der CDUChristlich Demokratische Union/CSUChristlich-Soziale Union-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages und ehemaliger Bundesminister, Fritz Felgentreu (MdBMitglied des Deutschen Bundestages), Obmann und Verteidigungspolitischer Sprecher der SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands-Fraktion im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, Katja Keul (MdBMitglied des Deutschen Bundestages), Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, Tobias Pflüger (MdBMitglied des Deutschen Bundestages), Verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MdBMitglied des Deutschen Bundestages), Verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, Rüdiger Lucassen (MdBMitglied des Deutschen Bundestages), Obmann und Verteidigungspolitischer Sprecher der AfDAlternative für Deutschland-Fraktion im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages. Moderation: Nora Müller, Körber-Stiftung.
Diesem Aspekt wandten sich folgende Panelisten zu: Andreas Conradi, Abteilungsleiter Recht, BMVgBundesministerium der Verteidigung, Wolf Heintschel von Heinegg, Universität Viadrina, und Peter Becker, Rechtsanwalt, Vereinigung für Friedensrecht. Moderation: Alexandra Kemmerer, Max-Planck-Institut für Völkerrecht.
Der Politische Direktor im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Detlef Wächter, resümierte, dies sei eine anspruchsvolle und facettenreiche Debatte gewesen. Sie habe unter den gegenwärtigen Bedingungen von allen Beteiligten viel Disziplin abverlangt. Aber, so unterstrich Wächter: „Wir müssen solche Debatten auch in Krisenzeiten führen.“ Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hätten Anspruch auf bestmögliche Ausrüstung und bestmöglichen Schutz. Deshalb brauche die Bundeswehr bewaffnete Drohnen.
Kritikern hielt Wächter entgegen: Der „Joystick-Killer“ sei ein Zerrbild. Das habe nichts mit den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu tun. Auch bei einem Einsatz mit bewaffneten Drohnen bliebe es dabei, dass der Mensch die letzte Entscheidungsinstanz sei. Das Völkerrecht kenne kein spezifisches Verbot der bewaffneten Drohnen, welche zur Beschaffung in der Bundeswehr in Frage kämen. Es werde aber stets auf den jeweiligen Einsatzkontext ankommen. Der Deutsche Bundestag habe über ein sehr vielschichtiges und anspruchsvolles Thema zu entscheiden. Dem vorausgehen müsse eine breite, gesellschaftliche Debatte. Die Podiumsdiskussionen an diesem Montag seien der Auftakt dazu gewesen.
Der weitere Diskussionsprozess solle so offen und transparent wie möglich geführt werden, so Wächter. In der Folge soll nun eine breit angelegte crossmediale Debatte starten. In einem Live-Chat stellen sich Mitte Mai der Parlamentarische Staatssekretär, Dr. Peter Tauber, und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, den Fragen der Community.
Weiter soll es Diskussionsveranstaltungen an der Universität Regensburg und der Universität der Bundeswehr München geben. Darüber hinaus sind Ende Mai im Zuge eines breit angelegten parlamentarischen Prozesses zwei Informationsveranstaltungen im Deutschen Bundestag zur Bedeutung bewaffneter Drohnen geplant.
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