Prämien, Zulagen, Absicherung: Um die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu steigern, hat der Bundestag das „Artikelgesetz Zeitenwende“ beschlossen. Es soll die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung angesichts aktueller Herausforderungen steigern und ist ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zu kriegstüchtigen deutschen Streitkräften.
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Um seinen Verpflichtungen innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization gerecht zu werden, braucht Deutschland ab 2025 umfassend einsatzbereite Streitkräfte und verlässlich abrufbare Fähigkeiten. Dazu muss allem voran die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gesteigert werden, was wiederum die Anpassung zahlreicher rechtlicher Regelungen erfordert. Diese Anpassungen finden sich im „Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr“ wieder, besser bekannt als „Artikelgesetz Zeitenwende“.
„Es ist unsere Pflicht, dass wir für den Dienst faire, attraktive und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen“, unterstrich Verteidigungsminister Boris Pistorius im Anschluss an die Sitzung des Verteidigungsausschusses am 29. Januar 2025. Dort stand das Artikelgesetz auf der Tagesordnung. Der Deutsche Bundestag hat das Zeitenwende-Gesetz zwei Tage später, am 31. Januar 2025 mit großer Mehrheit beschlossen.
Die sicherheits- und verteidigungspolitische Zeitenwende erfordert eine erhöhte Verfügbarkeit von militärischem Personal. Für die Bundeswehr bedeutet das vor allem eines: Sie muss neues Personal gewinnen und vorhandenes binden. Dafür braucht es attraktive Rahmenbedingungen, beispielsweise bei der sozialen Absicherung für Soldatinnen und Soldaten. Von A, wie Arbeitszeit, bis Z, wie Zulage – das „Artikelgesetz Zeitenwende“ enthält zahlreiche Verbesserungen hinsichtlich Arbeitszeit, Mobilität, Besoldung, Vergütung, Versorgung, Laufbahnrecht sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nicht alle Rechtsänderungen werden dabei durch das Artikelgesetz selbst bewirkt, sondern durch zwei begleitende Verordnungsverfahren. Am Ende steht ein Gesamtpaket aus Verbesserungen durch das Artikelgesetz und durch insgesamt acht Verordnungen.
„In der Zeitenwende ist der Anspruch an unsere Soldatinnen und Soldaten ebenso gewachsen wie ihre Aufgaben zur Erreichung der Kriegstüchtigkeit. Für mich zählt, dass der Dienst unserer Truppe Anerkennung findet. Das Artikelgesetz erfüllt auch diesen Zweck“, so der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer. In diesem Sinne wurde das Artikelgesetz für die Bundeswehr ausgearbeitet – noch im Frühjahr 2025 soll es in Kraft treten.
Die Änderungen beinhalten unter anderem folgende Aspekte:
Umfangreiche besoldungsrechtliche und versorgungsrechtliche Verbesserungen, auch bei Stationierungen an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke:
Beispiele sind die zusätzliche Vergütung für militärisches Personal mit besonderen Alarmierungsverpflichtungen, beispielsweise im Rahmen des NATONorth Atlantic Treaty Organization Force Model (NFMNATO Force Model), in der Allied Reaction Force (ARFAllied Reaction Force), in einer EUEuropäische Union-Battlegroup (EUEuropäische Union BG), zur Unterstützung militärischer Evakuierungsoperationen (MilEvakOp) oder als Verstärkungskräfte – zum Beispiel für die Brigade Litauen. Die enormen Einschränkungen sollen monatlich finanziell honoriert werden. Die Vergütung beträgt bei einer Rückkehrzeit zur Dienststelle von mehr als 24 bis zu 48 Stunden 75 Euro im Monat und ist gestaffelt bis 500 Euro im Monat bei einer Rückkehrzeit zur Dienststelle von bis zu 2 Stunden.
Erhöhung des Auslandsverwendungszuschlags:
Der für besondere Auslandsverwendungen gewährte Auslandsverwendungszuschlag, wird pro Tag steuerfrei erhöht. Für eine Verwendung bei VJTFVery High Readiness Joint Task Force (Marine) von 69 auf 77 Euro, für eine Verwendung bei eFPenhanced Forward Presence in Litauen von 85 auf 93 Euro und für eine Verwendung bei UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon im Libanon von 103 auf 111 Euro.
Zahlung eines Ehepartnerzuschlags für mit in das Ausland umziehende Ehegatten:
Eine Auslandsverwendung – nicht nur, aber auch in Litauen – soll auch in Hinsicht auf den mit umziehendem Ehepartner erleichtert werden. In vielen Fällen wird der Ehepartner die eigene Arbeit für 3-4 Jahre aufgeben. Finanzielle Nachteile werden zwar durch die großzügigen Auslandsdienstbezüge, hier auch Familienzuschläge, abgefedert – die Zeit fehlt dann trotzdem bei den Einzahlungen in die Rentenkasse. Durch den Ehepartnerzuschlag soll für die Altersvorsorge der Ehegatten ein Zuschuss zu den tatsächlich entstandenen Kosten der Altersvorsorge gewährt werden. Die Erstattung richtet sich nach dem Grundgehalt und beträgt maximal etwa 1300 Euro monatlich steuerfrei. Für einen Hauptfeldwebel oder Hauptsekretär (A8) bedeutet dies einen Zuschuss von rund 800 Euro netto monatlich.
Erhöhung der Übergangsbeihilfe:
Um lange Verpflichtungszeiten als SaZSoldatinnen und Soldaten auf Zeit (Soldat bzw. Soldatin auf Zeit) attraktiver zu machen, wird die Übergangsbeihilfe bei Verpflichtungszeiten von mehr als 20 Jahren erhöht. So würde ein Oberstabsgefreiter (Besoldungsgruppe A5, Amtszulage, verheiratet) mit einer absolvierten Wehrdienstzeit von 25 Jahren künftig rund 50.000 Euro (brutto) an Übergangsbeihilfe erhalten. Das sind rund 10.000 Euro mehr als nach aktuellem Recht.
Verbesserung der Rahmenbedingungen für dienstliche Mobilität des militärischen Personals:
Dafür werden wichtige Änderungen beim Trennungsgeld und bei Reisebeihilfen vorgenommen – auch um die Entscheidung für einen Umzug insbesondere mit Familie nach Litauen zu erleichtern. Dazu gehört, dass deutlich mehr Reisen zwischen Heimat und Dienstort ermöglicht werden. Mit der Änderung werden alle Angehörigen der Bundeswehr in Litauen, auch Ledige ohne eigene Wohnung, bis zu sechs Reisebeihilfen für Heimfahrten nach Deutschland im Jahr erhalten. Soldatinnen und Soldaten, die nach ihrer Einsatzzeit in Litauen in ihre Heimat zurückkehren, haben eine freie Wohnortwahl und werden beim Trennungsgeld deutlich bessergestellt als bisher.
Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts für militärisches Personal und Vereinfachung von Verfahren:
Soweit dienstlich nichts dagegenspricht, soll beispielsweise die regelmäßige Wochenarbeitszeit von Soldatinnen und Soldaten auf vier Wochentage verteilt werden können.
Mehr Personal im Sanitätsdienst und Praxisaufstieg für Mannschaften:
Die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr hängt auch vom funktionierenden Sanitätsdienst ab. Um mehr Personal im Sanitätsdienst zu halten, die Gewinnung von neuem Personal zu erleichtern und den Dienst attraktiver zu gestalten, wird die Höchstverpflichtungsdauer im Sanitätsdienst auf bis zu 30 Jahre verlängert. Militärische Fachärztinnen oder Krankenpfleger, die nicht BS (Berufssoldat bzw. Berufssoldatin) werden, sondern sich die Option eines Berufslebens außerhalb der Bundeswehr offenhalten wollen, werden bis zu fünf Jahre länger als SaZSoldatinnen und Soldaten auf Zeit arbeiten können.
Wir machen damit den Einsatz der Brigade in Litauen deutlich attraktiver. Wir werden damit insbesondere die Leistung der Soldatinnen und Soldaten, die die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke stärken stärker honorieren.Verteidigungsminister Boris Pistorius
Als „Artikelgesetz“ oder auch „Mantelgesetz“ wird ein Gesetz bezeichnet, mit dem mehrere schon bestehende Gesetze (oder auch Verordnungen) auf einmal geändert werden. Das „Artikelgesetz Zeitenwende“ ändert zum Beispiel das Soldatengesetz, das Bundesbesoldungsgesetz, aber auch weniger bekannte Regelungen wie etwa das Arbeitssicherstellungsgesetz, das sich im Spannungs- und Verteidigungsfall auswirkt, sowie weitere Spezialgesetze.
Das Gesetzgebungsverfahren folgt aus dem Grundgesetz. Wenn das Gesetz nach zwei weiteren Lesungen vom Bundestag angenommen wurde, wird es dem Bundesrat zugeleitet. Nach dessen Zustimmung wird das Gesetz ausgefertigt, durch Verteidigungsminister Pistorius gegengezeichnet und schließlich durch den Bundespräsidenten ausgefertigt. Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt das Gesetz in Kraft.
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