Soldatinnen und Soldaten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Am 3. Oktober feiern wir den 30. Jahrestag der Einheit unseres deutschen Vaterlandes. Seit 30 Jahren können wir Deutschen gemeinsam in einem freien, demokratischen Land leben. Das ist ein Grund zu Freude, Dankbarkeit und Demut.
Die friedliche Revolution 1989 ist vor allem ein Verdienst der mutigen Menschen in der DDR, die für ihre Rechte auf die Straße gingen, ungeachtet aller Repressionen. Wir verdanken Freiheit und Einheit auch dem mutigen Einsatz der Solidarność in Polen, dem Abbau der Grenzbefestigungen in Ungarn, dem Wandel in der Sowjetunion und den vielen Männern und Frauen vor allem im Osten Europas, die sich den Sicherheitsapparaten und Ein-Parteien-Diktaturen widersetzten und friedlich Widerstand leisteten.
Auf dem Weg zur Deutschen Einheit standen unsere Partner an unserer Seite, vor allem unsere amerikanischen Freunde. Es war ein Glücksfall der deutschen Geschichte, dass die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl entschlossen die historische Stunde nutzte, die sich mit dem Mauerfall ergab.
Vor 30 Jahren waren die Aufgaben kaum abzuschätzen, die damals noch vor uns lagen. Der Weg im geeinten Deutschland war neu und zuweilen steinig. Ost und West gingen ihn gemeinsam und wuchsen dabei zusammen. Für das ganze Deutschland gilt: wir leben seit 30 Jahren in Frieden, in wachsendem Wohlstand und von Freunden und Alliierten umgeben. Wir haben gemeinsam viel erreicht.
Die Bundeswehr stand 1990 vor einer enormen Herausforderung – organisatorisch und menschlich: der Übernahme und Auflösung der Nationalen Volksarmee der DDR. Der Befehlshaber des dazu gegründeten Bundeswehrkommandos Ost, Generalleutnant Jörg Schönbohm, setzte den Ton: Er komme „nicht als Sieger zu Besiegten, sondern als Deutscher zu Deutschen“.
Die Aufgabe war immens, denn Bundeswehr und Nationale Volksarmee (NVA) trennten Welten. Nicht nur ideologisch, sondern auch bei den Führungsgrundsätzen, den Rechten der Soldaten und natürlich bei der Ausrüstung. Gleichzeitig mussten die gesamtdeutschen Streitkräfte von 585.000 auf 340.000 Soldaten reduziert werden.
Aus der gemeinsamen Anstrengung dieser Tage ist die Armee der Einheit gewachsen. Es ist eine herausragende Leistung der Wiedervereinigung, wie sich ehemalige Angehörige der NVA auf die für sie neuen Bedingungen eingelassen und eingestellt haben – und wie die westdeutschen Angehörigen der Bundeswehr sie aufgenommen haben. Rund 10.000 Offiziere und Unteroffiziere der NVA wurden als Berufssoldaten in die Bundeswehr übernommen, aus einstigen Gegnern wurden Kameraden und Freunde.
Viele Wehrpflichtige aus den neuen Ländern absolvierten fortan ihre Grundausbildung jenseits der alten Grenze. Soldaten pendelten von Ost nach West und von West nach Ost. Auf Lehrgängen im ganzen Bundesgebiet begegnete man Kameraden aus allen Regionen Deutschlands und lernte Land und Leute kennen. Gemeinsamer Dienst, das Leistungsprinzip und bald auch gemeinsame Einsätze wurden schnell wichtiger als die Unterschiede zwischen Ost und West.
Über viele Jahre investierte die Bundeswehr jährlich rund eine Milliarde DM in Infrastruktur und Standorte in den neuen Bundesländern – und schaffte so für viele Menschen aus dem ganzen Land auch eine persönliche Zukunft und wirtschaftliche Perspektiven.
Die Bundeswehr brachte die Wiedervereinigung schnell, praktisch und entschlossen voran. Die Armee der Einheit wurde zur Erfolgsgeschichte. Sie können stolz darauf sein!
Ost und West schreiben gemeinsam seit 30 Jahren die Geschichte der Bundeswehr weiter. Von den ersten out-of-area Einsätzen in Kambodscha und Somalia, über die Missionen auf dem Balkan, die große Hilfsleistung bei der Oderflut 1997 und den Beginn des Afghanistan-Einsatzes bis hin zu unseren heutigen Einsatzgebieten in der Sahel-Zone und im Nahen Osten.
Der Blick auf die Geschichte der Armee der Einheit macht uns zuversichtlich. Wir werden die heutigen Herausforderungen unserer Bundeswehr genauso zupackend und optimistisch bewältigen können.
Liebe Soldatinnen und Soldaten, liebe zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Teilen Deutschlands, ich zähle auf Sie! Von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern, von Nordrhein-Westfalen bis Sachsen – wir dienen gemeinsam der Sicherheit unseres vereinten Landes.
Freuen wir uns an diesem Tag der Deutschen Einheit gemeinsam darüber, dass wir in einem gefestigten demokratischen, friedlichen und freien Land leben können. Die Bundeswehr leistet ihren starken Beitrag dafür, dass das so bleibt.
Ihre
Annegret Kramp-Karrenbauer
Bundesministerin der Verteidigung
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