Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer unterrichtete am 14. Juli die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments über die Schwerpunkte der deutschen EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft im Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Die Ministerin stellte die Prioritäten des Verteidigungsministeriums für die EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft vor den Mitgliedern des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, Gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik (AFETAusschuss für auswärtige Angelegenheiten) und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDEUnterausschuss für Sicherheit und Verteidigung) vor. Demnach werde sich Deutschland dafür einsetzen, Europa im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik widerstands- und handlungsfähiger zu machen. Zudem solle die Kooperation zwischen der EUEuropäische Union und der NATONorth Atlantic Treaty Organization gestärkt werden.
Im Anschluss an den Bericht der Ministerin fanden zwei Frage-Antwort-Runden mit den EUEuropäische Union-Parlamentariern statt. Kramp-Karrenbauer hatte an der gemeinsamen Sitzung von AFETAusschuss für auswärtige Angelegenheiten und SEDEUnterausschuss für Sicherheit und Verteidigung in Brüssel per Videoübertragung teilgenommen. Üblicherweise präsentieren zu Beginn einer Ratspräsidentschaft die Fachminister den zuständigen europäischen Parlamentsausschüssen ihre Schwerpunkte des nationalen Präsidentschaftsprogramms.
Zu Beginn der Sitzung machte die Ministerin deutlich, dass die deutsche Ratspräsidentschaft insgesamt, aber insbesondere im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stark von den Erfahrungen während der COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie geprägt sei. In den vergangenen Monaten sei deutlich geworden, dass die EUEuropäische Union nicht gut genug auf hybride Bedrohungen wie Pandemien vorbereitet sei. Deshalb betonte Kramp-Karrenbauer: „Eine der großen Aufgaben der nächsten Monate wird sein, Europa resilienter zu machen und zu definieren, wie der militärische Beitrag dazu ausgestaltet werden kann.“
Um Europa resilienter zu machen, müssten die Bedrohungen, denen sich Europa ausgesetzt sehe, klar definiert werden, so die Ministerin. So hätten die EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten etwa in Bezug auf Russland sehr unterschiedliche Bedrohungswahrnehmungen. „Wir planen deshalb im Trio mit Portugal und Slowenien, die Arbeiten am strategischen Kompass voranzutreiben, so dass sie 2022 im Rahmen der französischen Ratspräsidentschaft beendet werden können“, erklärte Kramp-Karrenbauer. In einem ersten Schritt dahin solle vom European Intelligence Service unter Zuarbeit der nationalen Geheimdienste bis Ende 2020 eine gemeinsame europäische Bedrohungsanalyse erstellt werden.
Auf Grundlage der Bedrohungsanalyse würden sich die EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten in einem zweiten Schritt auf die konkreten gemeinsamen Ziele im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik einigen. Der so erstellte strategische Kompass solle definieren, was Europa sicherheitspolitisch können und prioritär verfolgen wolle. „Wir brauchen ein solches strategisches Instrument, um eine größere Handlungsfähigkeit auf EUEuropäische Union-Ebene zu erreichen“, betonte die Ministerin. Mithilfe des strategischen Kompasses sollten bereits bestehende europäische Verteidigungsinitiativen – von PESCOPermanent Structured Cooperation (Permanent Structured Cooperation) für die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit über die EUEuropäische Union-Battlegroups bis hin zu bilateralen Kooperation – zu einer gemeinsamen Strategie zusammengebracht werden.
Weiterhin betonte die Ministerin, dass ein resilientes und handlungsfähiges Europa nur in enger EUEuropäische Union-NATONorth Atlantic Treaty Organization-Kooperation gelingen könne. „Für mich und die deutsche Bundesregierung ist klar, dass wir eine größere europäische Handlungsfähigkeit nur gemeinsam mit der NATONorth Atlantic Treaty Organization erreichen können“, so die Ministerin. Beide Organisationen seien essenzielle Bestandteile der europäischen Sicherheitsarchitektur. Es müsse nach Wegen gesucht werden, wie sich nationale und europäische Fähigkeiten sowie die der NATONorth Atlantic Treaty Organization möglichst gut ergänzen. Nur so könne die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Europas umfassend gewährleistet werden.
In Zukunft werde es aber auch Herausforderungen geben, die die Sicherheitsinteressen Europas sehr viel mehr beträfen als die der transatlantischen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verbündeten. So erklärte die Ministerin in Bezug auf das europäische Engagement in der Sahel-Region: „Die Gefahren, die von einer instabileren Sahel-Region ausgehen, betreffen zuerst Europa. Und deshalb muss Europa dort auch handlungsfähiger werden.“ In diesem Zusammenhang forderte Kramp-Karrenbauer, dass die EUEuropäische Union in der Sahel-Region neben Ausbildungs- und Trainingsmissionen auch Einsätze mit robustem Mandat übernehmen solle.
Auf Nachfragen aus dem Plenum zur künftigen Gestaltung der EUEuropäische Union-NATONorth Atlantic Treaty Organization-Beziehungen sowie der transatlantischen Beziehungen sagte die Verteidigungsministerin: „Wir müssen uns sehr klar vor Augen halten, dass wir in der EUEuropäische Union insgesamt ein gutes Stück davon entfernt sind, die Fähigkeiten der NATONorth Atlantic Treaty Organization und der transatlantischen Partner durch eigene EUEuropäische Union-Kräfte ersetzen zu können.“ So verfüge die NATONorth Atlantic Treaty Organization über jahrzehntelang bewährte Kommandostrukturen, die beispielsweise bei den EUEuropäische Union-Battlegroups erst eingeübt werden müssten. „Deswegen: Die NATONorth Atlantic Treaty Organization ist und bleibt für die europäische Sicherheit ein Eckstein“, fügte AKK hinzu.
Die Ministerin machte weiterhin deutlich: Deutschland werde sich während der Ratspräsidentschaft nachdrücklich dafür einsetzen, auch Drittstaaten an PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekten zu beteiligen, so etwa Großbritannien. Zwar diente die PESCOPermanent Structured Cooperation in erster Linie dazu, die Kooperation unter den EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten zu verbessern. Da diese aber nicht in jedem Bereich über ausreichend Expertise verfügten, könnte die anlassbezogene Beteiligung von Drittstaaten sinnvoll sein. Gleichzeitig könne so auch die Kooperation zwischen der EUEuropäische Union und der NATONorth Atlantic Treaty Organization verbessert werden.
Außerdem solle die Kooperation der militärischen Sanitätsdienste Europas ausgebaut werden, um die europäische Reaktionsfähigkeit in Krisen auch ganz praktisch zu erhöhen, sagte die Ministerin. Im Rahmen des von Deutschland koordinierten PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekts European Medical Command (EMCEuropean Medical Command) sollen europäische Sanitätskräfte für die Bekämpfung der COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie und künftiger Pandemien besser aufgestellt werden – etwa bei der Beschaffung und Lagerung von medizinischem Material und bei der gemeinsamen Koordinierung medizinischer Hilfsleistungen vor und in Einsätzen.
In der Plenumsdebatte fragten die europäischen Abgeordneten die Ministerin, wie sie mit den Kürzungen der nationalen Verteidigungsbudgets sowie der EUEuropäische Union-Budgets für den Europäischen Verteidigungsfonds (EVFEuropäische Verteidigungsfonds) und den Bereich Military Mobility umgehen werde. Kramp-Karrenbauer betonte diesbezüglich: „Es ist wichtig, dass wir versuchen, die Verteidigungsetats auf der nationalen Ebene so hoch und so stabil wie möglich zu halten und zugleich bei den anstehenden europäischen Budgetverhandlungen der EUEuropäische Union den Europäischen Verteidigungsfonds und den Bereich Military Mobility deutlich auszustatten.“
Die Mittel würden für die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EUEuropäische Union gebraucht. Deutschland werde sich deshalb dafür einsetzen, die europäischen Haushaltsmittel für gemeinsame Verteidigungsinitiativen zu erhöhen. Voraussetzung dafür sei aber eine rasche Einigung auf den mehrjährigen Finanzrahmen der EUEuropäische Union für die Jahre 2021 bis 2028. Die Ministerin betonte weiterhin, dass die europäischen Gelder wesentlich effizienter eingesetzt werden könnten, wenn sich die EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten in der militärischen Fähigkeitsplanung und bei der Beschaffung von Waffensystemen besser abstimmen und gemeinsam planen würden.
Auf Nachfrage einer EUEuropäische Union-Parlamentarierin zu den derzeit wichtigsten sicherheitspolitischen Herausforderungen der EUEuropäische Union nannte die Verteidigungsministerin die Geopolitik Russlands und Chinas, die Konfliktstaaten Syrien und Libyen sowie die instabile Lage in der Sahel-Region. Aus dem Plenum kamen weitere Fragen unter anderem zur EUEuropäische Union-Mission Irini, zum transatlantischen Verhältnis, zur US-amerikanischen Außenpolitik sowie zur stärkeren Beteiligung von Frauen an EUEuropäische Union-Missionen. Da in der 75-minütigen Ausschusssitzung nicht genügend Zeit für die Beantwortung aller Fragen blieb, versprach die Ministerin, schriftliche Antworten nachzureichen.
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