Zum Auftakt der virtuellen Konferenzreihe „Breaking Barriers – Women in Peacekeeping“ debattierten am 25. Januar UNUnited Nations-Soldatinnen und -Expertinnen darüber, wie sich Hindenisse für Frauen in UNUnited Nations-Friedensmissionen abbauen lassen. Als deutsche Vertreterin berichtete Hauptmann Anna Endres von ihren Erfahrungen als UNUnited Nations-Militärbeobachterin im Südsudan.
Die Veranstaltungsreihe wird von Deutschland, Irland, Südafrika und Bangladesch im Rahmen der UNUnited Nations-Reforminitiative Action for Peacekeeping (A4PAction for Peacekeeping) organisiert. Als sogenannte A4PAction for Peacekeeping-Champions im Bereich „Frauen, Frieden und Sicherheit“ (Women, Peace and Security) engagieren sich diese vier Nationen für die gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen an allen Aspekten der Friedenssicherung. Mitorganisator ist zudem Namibia. Das Land hatte im Jahr 2000 die erste UNUnited Nations-Resolution für eine stärkere Beteiligung von Frauen an Frieden und Sicherheit – die Resolution 1325 – initiiert.
Per Videoübertragung berichtete zunächst die irische Brigadegeneralin und stellvertretende Leiterin der UNUnited Nations-Mission in den Golanhöhen (UNDOFUnited Nations Disengagement Observer Force), Maureen O’Brien, von ihren Erfahrungen im Einsatz. Oberstleutnant Tiisetso Sekgobela aus Südafrika schilderte die Herausforderungen, die sie als erste Bataillonskommandeurin in einer UNUnited Nations-Mission – bei MONUSCOMission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo im Kongo – erlebt hat. Die deutsche Militärbeobachterin bei der UNUnited Nations-Mission im Südsudan (UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan), Hauptmann Anna Endres, erzählte, warum gemischte Einsatzteams für den Erfolg von UNUnited Nations-Missionen wichtig sind und wie sich Hürden für Frauen in der Friedenssicherung abbauen lassen. Unter den rund 250 Diskussionsteilnehmenden war auch der irische Generalstabschef, Vizeadmiral Mark Mellet.
Während ihres Einsatzes im Südsudan beobachtete Endres, dass eine stärkere Beteiligung von Frauen dazu beitragen kann, UNUnited Nations-Missionen effektiver zu machen.
„Für unsere Arbeit als Militärbeobachter sind gemischte Patrouillenteams sehr wichtig. So können wir die verschiedenen Gruppen der lokalen Zivilbevölkerung besser erreichen – und damit ein umfassenderes Bild der humanitären Situation und der Sicherheitslage erstellen“,
berichtete Endres.
Ähnliches gilt auch für andere UNUnited Nations-Missionen. Der Einsatz gemischter Teams bei Check-Point-Kontrollen erspart es beispielsweise den vor Ort lebenden Frauen, beim Grenzübergang von männlichen UNUnited Nations-Soldaten überprüft zu werden. Dadurch würde das Vertrauen der Zivilbevölkerung in die UNUnited Nations-Einsatzkräfte gestärkt, was den Erfolg der Mission insgesamt steigere.
Weibliche UNUnited Nations-Einsatzkräfte könnten zudem dabei helfen, Verbrechen geschlechtsspezifischer Gewalt besser zu dokumentieren. „Wenn ich Möglichkeit dazu habe, frage ich die Frauen nach Vorfällen sexueller Gewalt“, erzählte Endres. „Ich habe hier im Südsudan auch ein rein mit Frauen besetztes Einsatzteam aus Bangladesch getroffen, welches darauf spezialisiert ist, mit Frauen und Mädchen vor Ort Verbindung aufzunehmen. Dabei sprechen sie Themen wie geschlechtsspezifische Gewalt an. Deren Arbeit ist wirklich beeindruckend.“
Die Teilnehmerinnen an der virtuellen Konferenz berichteten aber auch, dass Hindernisse für Frauen in UNUnited Nations-Missionen nach wie vor bestünden. So würden Soldatinnen im Einsatz mit stereotypen Zuschreibungen konfrontiert, etwa dem Vorurteil, dass sie als Frauen besonders geschützt werden müssten. Deshalb würden Soldatinnen oft nicht die gleichen Aufgaben und Rollen wie ihren männlichen Kollegen übertragen – beispielsweise der Einsatz in Patrouillen. Auch seien Unterbringung, ärztliche Versorgung und Ausstattung in den Missionen nicht immer für Frauen angemessen gestaltet.
Neben den Beschränkungen im Einsatz, bestünden auch Hürden auf nationaler Ebene. So seien viele Einsatzposten in der Kampftruppe angesiedelt, für die die Soldatinnen oftmals nicht in den heimischen Streitkräften ausgebildet würden. Zudem könnten noch zu wenige Frauen in UNUnited Nations-Missionen entsendet werden, da der Frauenanteil in vielen truppenstellenden nationalen Streitkräften insgesamt noch zu gering sei.
Auf die Frage hin, wie die Beteiligung von Frauen in Friedensmissionen gestärkt werden könne, betonte Endres: „Meiner Meinung nach ist es entscheidend, mehr Soldatinnen in Führungspositionen zu sehen. Sie können als Vorbilder fungieren und ihre Erfahrungen teilen.“ Deshalb halte sie die deutsche Initiative, ein globales Peacekeeperinnen-Netzwerk aufzubauen, für sehr hilfreich.
„Ein solches Netzwerk kann Soldatinnen dabei helfen, Informationen zu Ausbildungsmöglichkeiten zu finden, sich über Erfahrungsaustausch auf die Herausforderungen des Einsatzes vorzubereiten und während der Mission Unterstützung zu erfahren“,
sagte Endres.
Endres empfahl zudem, in UNUnited Nations-Ausbildungseinrichtungen zusätzlich missionserfahrene Übungsleiterinnen einzusetzen. Die Soldatinnen in der Ausbildung könnten so von deren Erfahrungen lernen und sie hätten Ansprechpartnerinnen zu geschlechterbezogenen Fragestellungen. Zudem würden gemischte Ausbilderteams die Realität im Einsatzland besser widerspiegeln und die Auszubildenden so besser auf die Mission vorbereiten.
Auch die im August 2020 vom UNUnited Nations-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 2538 fordert die UNUnited Nations-Mitgliedsstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die „volle, wirksame und konstruktive Mitwirkung“ von Frauen an Friedensmissionen „auf allen Ebenen und in allen Positionen“ zu fördern. Dafür sollten die Staaten auf nationaler Ebene untersuchen, welche Hindernisse der Entsendung von Frauen in UNUnited Nations-Missionen entgegenstehen, und Maßnahmen zum Abbau der Hürden ergreifen.
Im Rahmen der Konferenzreihe „Breaking Barriers – Women in Peacekeeping“ folgen im ersten Quartal 2021 zwei weitere virtuelle Diskussionsrunden – ebenfalls von den vier A4PAction for Peacekeeping-Champions organisiert. In der nächsten Veranstaltung stehen zwei Themen auf der Agenda: die Analyse bestehender Hürden auf nationaler Ebene und welche Maßnahmen die Länder ergreifen, um diese Barrieren abzubauen.
UNUnited Nations-Resolution 1325 |
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Die Resolution 1325 wurde am 31. Oktober 2000 einstimmig vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie fordert, Frauen in bewaffneten Konflikten besser vor Gewalt zu schützen, ihre Rechte zu stärken und sie gleichberechtigt an Friedensverhandlungen zu beteiligen. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die Geschlechterperspektive in alle Bereiche von Friedenssicherungseinsätzen integriert und die Rolle und der Beitrag von Frauen in UNUnited Nations-Missionen ausgeweitet werden. Die Resolution 1325 wurde mittlerweile um zehn Folgeresolutionen ergänzt. Zuletzt verabschiedete der UNUnited Nations-Sicherheitsrat 2020 die Resolution 2538. Diese Resolution fordert konkrete Maßnahmen zum Abbau von Hürden für die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in UNUnited Nations-Friedensmissionen. |
Frauenanteil in UNUnited Nations-Friedensmissionen |
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In ihrer Gleichstellungsstrategie für uniformiertes Personal fordern die UNUnited Nations, bis 2028 in Friedensmissionen den Anteil von Soldatinnen in Kontingenten auf 15 Prozent und den Anteil von Offizierinnen in Stäben und Militärbeobachterinnen auf 25 Prozent zu steigern. Der Frauenanteil in den Kontingenten aller UNUnited Nations-Missionen beträgt derzeit 5,2 Prozent (Stand: Dezember 2020). Der Anteil von Frauen unter den Offizieren in Stäben und den Militärbeobachtern umfasst derzeit 18,7 Prozent (Stand: Dezember 2020). Von den derzeit 573 deutschen Soldatinnen und Soldaten auf UNUnited Nations-Dienstposten sind 31 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 5,4 Prozent (Stand: Dezember 2020). Der Frauenanteil in den Kontingenten beträgt 5,7 Prozent. Unter den deutschen Offizieren in Stäben und den Militärbeobachtern ist derzeit nur eine Frau (Stand: Dezember 2020). Aktuell sind für die Bundeswehr insgesamt 2.646 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz (Stand: Januar 2020). Davon sind 212 Frauen, was einem Anteil von acht Prozent entspricht. |
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