Vor zehn Jahren wurde der erste Beauftragte des Verteidigungsministeriums für einsatzbedingte posttraumatische Belastungsstörungen und Einsatztraumatisierte eingesetzt. Generalleutnant Klaus von Heimendahl – heute Abteilungsleiter Personal, bis 2015 Beauftragter PTBS – blickt auf Entwicklungen, Erfolge und Herausforderungen zurück.
Als der erste Beauftragte PTBS am 24. November 2010 das Amt übernahm, stand die Bundeswehr unter den unmittelbaren Erfahrungen der Einsatzfolgen für die Soldatinnen und Soldaten. Vor allem der Einsatz in Afghanistan, aber auch die KFORKosovo Force-Mission im Kosovo zeigten, dass sich die Belastungen der Einsätze neben sichtbaren körperlichen Verwundungen auch psychisch auswirkten: oft zeitlich verzögert und in unterschiedlicher Ausprägung. Die Wahrnehmung der posttraumatischen Belastungsstörung PTBS führte zur Erkenntnis, dass hier neue Wege der Hilfe, Behandlung und Versorgung zu gehen waren.
Schon mit Beginn der Einsätze waren erste gesetzliche Anpassungen für die Versorgung von im Einsatz verwundeten Soldatinnen und Soldaten auf den Weg gebracht worden. So wurde in Folge des Hubschrauberabsturzes am 21. Dezember 2002 in Kabul das Versorgungsrecht für Soldatinnen und Soldaten bei Auslandseinsätzen angepasst. Das im Jahr 2004 beschlossene Einsatzversorgungsgesetz und das 2007 verabschiedete Einsatz-Weiterverwendungsgesetz bilden heute das Fundament für die Versorgung von im Einsatz Verwundeten.
Um Versorgung und Betreuung zu koordinieren und Hilfesuchenden eine zentrale Ansprechstelle zu bieten, wurde 2010 der erste Beauftragte PTBS eingesetzt. Am 24. November 2010 übernahm Brigadegeneral Christof Munzlinger als Erster diese Aufgabe. Ich folgte ihm als Beauftragter PTBS von 2012 bis 2015. In der Folge übernahm Generalarzt Bernd Mattiesen das Amt. Seit Februar 2020 hat es Generalarzt Ralf Hoffmann inne.
Gemeinsamer Nenner unserer Arbeit ist die Tatsache, dass der Soldatenberuf eben kein Beruf wie jeder andere ist. Es sind insbesondere die Herausforderungen der Auslandseinsätze, die uns das vor Augen führen: Vielen Soldatinnen und Soldaten sind die Geschehnisse aus den Einsätzen noch lange Zeit präsent.
Häufig bleiben von dem Dienst für Frieden und Stabilität und nicht zuletzt von der gelebten Kameradschaft gute Erinnerungen zurück. Bei einigen aber brennen sich bedrohliche, oft lebensbedrohliche Erlebnisse tief in die Seele ein und werden zu schweren psychischen Belastungen, die oft auch körperliche Auswirkungen haben. Ebenso können sich im Einsatz erlittene körperliche Verwundungen seelisch auswirken. In beiden Fällen ist eine Rückkehr in den Alltag auch nach dem Einsatz nicht möglich. Ihnen gilt unsere Hilfe.
Posttraumatische Belastungsstörungen treten oft erst mit zeitlicher Verzögerung auf und lassen nur noch schwer den direkten Bezug zum Erlebten erkennen. Häufig werden die Veränderungen von den Betroffenen selbst oder ihren Familien erst nach und nach bemerkt, etwa wenn die Leistungsfähigkeit einbricht. Professionelle Hilfe wird oft erst dann gesucht, wenn die Veränderungen von Familie oder Kollegen angesprochen werden.
Wir befinden uns in einer steten Lern- und Entwicklungsphase, was den Umgang mit PTBS betrifft. Von der Wahrnehmung und Anerkennung des Krankheitsbildes über die Entwicklung von Therapien bis hin zum Ausbau des rechtlichen Rahmens für Versorgung und soziale Absicherung wurde viel geschafft. Hervorzuheben ist zum Beispiel die Möglichkeit der Wiedereinstellung von ehemaligen einsatzverwundeten Soldatinnen und Soldaten.
Trotz dieser Erfolge bleibt noch manches zu tun. Das gilt beispielsweise für die Präventionsarbeit: Die beste Vorsorge gegen psychische Erkrankungen ist eine kontinuierliche Steigerung der physischen Widerstandsfähigkeit. Daran arbeiten wir. Auch ist die Dunkelziffer erkrankter Soldatinnen und Soldaten immer noch hoch. Die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen muss weiter vorangebracht werden. Zugleich müssen der Zugang zu Hilfsangeboten erleichtert, professionelle Zuwendung gestärkt und Therapiemöglichkeiten ausgebaut werden. Auch die Einbindung der Familie in die Therapie von Einsatzgeschädigten hat sich als sinnvoll erwiesen.
Ziel aller Maßnahmen ist die medizinische Rehabilitation und die Wiedereingliederung in das Berufsleben sowie die Stabilisierung im privaten Umfeld, kurz, die Rückkehr der Betroffenen in den persönlichen und dienstlichen Alltag.
Gleichzeitig müssen überall da, wo die Erkrankung Einschränkungen mit sich bringt, Betreuung und Fürsorge ausreichend zur Verfügung stehen. Die Beauftragten PTBS werden weiter daran arbeiten: mit den Fachreferaten im Verteidigungsministerium und den nachgeordneten Ämtern und Kommandobehörden, mit den Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern und Militärseelsorgern des psychosozialen Netzwerks an den Standorten sowie mit den therapeutischen Angeboten des Psychotraumazentrums.
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