Der Abteilungsleiter Politik im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Dr. Géza Andreas von Geyr, ist überzeugt, dass das Jahr 2018 in strategischen Fragen wesentliche Weichenstellungen verlange. In einem Vortrag bei der Deutschen Atlantischen Gesellschaft in Berlin am 6. Februar skizzierte er die außen- und sicherheitspolitische Lage aus verteidigungspolitischer Sicht.
Die drei Kernaufgaben seien, das transatlantische Miteinander auf dem Niveau der vergangenen Jahre zu halten. Gleichzeitig müsse man stärker werden „im Europäischen“ und man müsse mit unseren Nachbarregionen im Nahen und Mittleren Osten und Nord- und Westafrika zu „Partnerschaften für Sicherheit und Prosperität“ gelangen. „Wir werden mehr Europa brauchen und Sicherheitspolitik und auch Außen- und Entwicklungspolitik europäischer gestalten müssen“, so von Geyr.
Mit Blick auf das nordatlantische Bündnis sei die strategische Priorität des Handelns, die „NATONorth Atlantic Treaty Organization weiterhin fit und stark zu machen und vor allem die entsprechenden Fähigkeiten bereit zu stellen“. Dies verlange Investitionen, auch in Deutschland. Die beiden Gründe dafür seien die absehbare Sicherheitslage und die Frage der Lastenteilung. „Innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization haben wir immer noch ein Ungleichgewicht. Verhältnismäßig mehr Lasten sind auf den amerikanischen Schultern. Dieses Ungleichgewicht müssen wir Europäer in der NATONorth Atlantic Treaty Organization drehen“, meint von Geyr.
Europa müsse seine Sicherheit mehr „in die eigene Hand nehmen“ können und dazu die europäischen sicherheitspolitischen Strukturen stärken. Im vergangenen Jahr sei dafür viel erreicht worden. „Wir können besser gemeinsam planen mit dem neuen Planungsinstrument CARDCoordinated Annual Review on Defence, besser investieren mit dem Europäischen Verteidigungsfonds, gemeinsam besser handeln mit dem neuen System PESCOPermanent Structured Cooperation und besser führen mit einem militärischen Hauptquartier, das weiter ausgebaut werden soll.“ Diese vier Bereiche seien der „Einstieg in eine europäische Verteidigungsunion“. Damit habe „die EUEuropäische Union das Zeug zu Großem“. Jetzt müsse sie mit engagierten Projekten zeigen, dass sie es ernst meine.
Von Geyr hebt hervor, dass Sicherheit und Entwicklung immer intensiver zusammengedacht werden müssten und das in einem umfassenden Ansatz. Dies betreffe „uns in Deutschland und uns in Europa“. Wenn von Geyr die vergangene Legislaturperiode Revue passieren lässt, sieht er das Aufeinanderzugehen von Sicherheitspolitik und Entwicklungspolitik als eines der positivsten Elemente. Dies entspreche einem modernen Sicherheitsbegriff.
Hinsichtlich der Krisenfrüherkennung müssten sich die Methoden der Vorausschau weiterentwickeln. So müssten beispielsweise auch im Verteidigungsressort Aspekte der Umweltpolitik oder der auswärtigen Kulturpolitik mitgedacht werden. Hier sind erste Schritte gemacht. Von Geyr berichtet von einer geplanten Kooperation mit dem Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, die sich gerade im Aufbau befindet. „Es ist faszinierend zu erkennen, wie gerade im afrikanischen Raum auf Klimaprobleme Konflikte gefolgt sind“, erläutert von Geyr. Daraus müsse Sicherheitspolitik Schlüsse ziehen. Gleiches gelte etwa für Kulturwissenschaften, die zeigen könnten, wie Konflikten „verbale Kriege“, die sich in veränderter Sprache zeigen, vorausgehen.
Darüber hinaus müsse mehr Mühe und Energie in die eigene Kommunikation gesteckt werden, um das eigene Handeln wieder und wieder zu erklären und auch um in die eigene Öffentlichkeit hinein „die grundsätzliche Notwendigkeit von Sicherheitspolitik“ zu verankern.
Von Geyr fasst am Schluss noch einmal zusammen: „Wir brauchen mehr Europa in der Sicherheitspolitik und wir müssen das Transatlantische durch das eigene Zutun auf Niveau halten“. Europa sei gut beraten, seine Interessen zu bündeln. Langfristig gebe es nur folgende Wahl: Entweder werden wir Europa gemeinsam auch verteidigungspolitisch relevanter oder jede Nation bleibt für sich „stolz, aber irrelevant“.
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